Mulungu (Erythrina mulungu) wird als das natürliche Benzodiazepin bezeichnet. Es soll angstlösend, schlaffördernd und entspannend sein. Konsumenten berichten auch, dass sie durch Mulungu kein Verlangen mehr nach Nikotin bzw. Zigaretten hatten. Erythrina mulungu ist deshalb eine sehr interessante Pflanze für die ethnobotanische und biochemische Forschung und hat eine lange zurück reichende Geschichte der medizinischen Anwendung durch indigene Völker.
Doch was genau ist Mulungu und wie können wir sein Potential optimal nutzen? Kann Mulungu sogar dabei helfen mit dem Rauchen aufzuhören? Im Folgenden werden wir die Pflanze selbst, deren Geschichte und die Wirkung genau untersuchen.
Botanische Beschreibung und Herkunft
Die Gattung der Korallenbäume (Erythrina spp.) umfasst mehr als hundert Arten die in den tropischen Zonen und in Australien vorkommen. Die Art Erythrina mulungu ist hauptsächlich in Brasilien und Bolivien zu finden und ist sowohl unter den Trivialnamen „Mulungu“ oder „Brasilianischer Korallenbaum“ als auch unter folgenden Synonymen bekannt:
Bei der Pflanze handelt es sich um einen stark verzweigten Baum, der Wuchshöhen um die 10-15 m erreicht. Die widerstandsfähigen Samen befinden sich in bohnenartigen Schoten und können unbeschadet in Salz- und Süßwasser treiben, was die Verbreitung der Pflanze über den Wasserweg erklärt. Auch werden die Samen gerne von Vögeln gefressen und so verbreitet. Die Blätter sind rundlich und haben einen Durchmesser von ca. 5-10 cm. Den auffällig orange bis roten Blütenständen verdankt der Korallenbaum seinen Namen. Die Blüten sind reich an Nektar und werden in der Neotropis häufig von Kolibris bestäubt. Korallenbaumarten werden aufgrund ihrer schönen Blüten auch häufig als Zierpflanzen in Gärten und Parks verwendet.
Herbarien von E. mulungu aus der Sammlung des Botanischen Garten New York und eine Detailaufnahme der Blüten:




Geschichte und Ethnobotanik
Die Verwendung von Teilen der Korallenbäume (Erythrina spp.) zu medizinischen oder berauschenden Zwecken war in den ursprünglichen Kulturen Süd- und Mittelamerikas sowie Asiens üblich. Die Gattung der Korallenbäume ist umfangreich, aber viele der Arten ähneln sich nicht nur im Aussehen, sondern wurden aufgrund gleicher oder ähnlicher Wirkstoffe auch von den jeweils an deren Standort lebenden indigenen Kulturen zu ähnlichen Zwecken verwendet.
Ein sehr gutes Beispiel dafür ist die unabhängige Verwendung der Arten Erythrina indica (Himalayaregion) und Erythrina berteroana (Guatemala / El Salvador) als für den Menschen harmloses Fischgift (Rätsch, 1999:195). Die mit Steinen zerstossenen Äste wurden in einem aufgestauten Flussabschnitt ausgewaschen, anschließend wurde gewartet bis die Fische durch die gelösten Alkaloide gelähmt waren. Die Fischer konnten die unkoordiniert treibenden Fische schließlich ohne großen Aufwand einsammeln.
Der mit E. mulungu verwandte Amerikanische Korallenbaum Erythrina americana wurde von den Maya rituell und medizinisch vewendet. Sie nannten den Baum übersetzt „Gelber Baum“, was von dem gelben Farbstoff herrührt, der aus der Wurzelrinde gewonnen wurde. In der legendären Maya-Schrift Codex Dresdensis findet sich eine eigene Hieroglyphe für den Baum. E. americana kommt in menschlicher Form als göttliches Wesen unter dem Namen ah kantenal, was soviel wie „der des Gelben Baumes“ bedeutet, in den prophetischen Texten des Jaguarpriesters der Maya vor. Sie verwendeten die Samen des Korallenbaumes auch zur Betäubung, möglicherweise sogar im Kontext von Menschenopfern. Die Blüten verwendeten sie als aphrodisierende Speise (Rätsch, 1999:191).
Die Rinde von Erythrina mulungu wurde von den südamerikanischen Indianern zur Überwindung der Angst vor dem Kampf oder zur Linderung von traumatischen Kriegserlebnissen genutzt (Duke, 2008:832).
Auch heute noch wird sie in ganz Südamerika, hauptsächlich aber in Brasilien und Peru als Beruhigungs- und Schlafmittel sowie gegen Epilepsie eingesetzt (Teixeira-Silva et al., 2008).

Allmählich findet E. mulungu auch in der westlichen modernen pflanzlichen Medizin Einzug. Es ist bekannt dass Mulungu von Heilpraktikern in den USA und Europa unter anderem bei hysterischen Zuständen, Schlaflosigkeit, Herzrhythmusstörungen, Leberleiden und zur allgemeinen Beruhigung des Nervensystems verwendet wird. Dies überrascht wenig, da dies genau die Anwendungsgebiete sind, für die die meisten Erythrina Arten auch historisch verwendet wurden. (Patocka Jiri, 2011)
Die bunten Samen vieler Korallenbaumarten wurden und werden immer noch auf Märkten als „magische Samen“ unter dem Namen colorines verkauft. Neben der ethnomedizinischen Nutzung sind sie Glücksbringer und werden für die Herstellung von Schmuckstücken verwendet. Die australischen Aborigines stellten zum Beispiel Halsketten aus den colorines der Art Erythrina vespertilio her (Rätsch, 1999:196).
Konsumformen

Wie bereits erwähnt gibt es zahlreiche Berichte über den Konsum der Wurzel, Rinde, Blüten und auch der Samen der Korallenbäume (Rätsch 1999:194). Bei E. mulungu scheint jedoch aus historischen und pharmakologischen Sicht der Konsum der Rinde im Vordergrund zu stehen. Im Handel ist ausschließlich die Rinde erhältlich, deswegen werden wir auch nur auf den Konsum der Rinde eingehen. Getrocknete Wurzelstücke und Blütenteile sind prinzipiell genauso zuzubereiten wie die Rindenstücke, das Wirkstoffprofil und die Dosierung können aber anders sein. Vom Konsum der Samen möchten wir abraten, da nicht genügend Daten zu Dosierung bzw. verlässliche Erfahrungsberichte vorliegen.
Die optimale Zubereitung von Mulungu ist das Herstellen eines Dekokts aus der Rinde oder der Wurzel der Pflanze. Das Material sollte dazu fein zerkleinert werden, z.B. in einer handelsüblichen elektrischen Kaffeemühle, um eine gute Wirkstofffreisetzung zu garantieren. Die Dosis ist abhängig von persönlichen Faktoren und der gewünschten Stärke des Effekts. Konsumenten die das erste Mal Mulungu probieren, sollten mit einer kleinen Dosis anfangen. Dabei sollten 2 gehäufte Teelöffel des zerkleinerten Materials ausreichend sein. Später kann die Dosis bei Bedarf gesteigert werden. Erfahrungsberichte von Konsumenten erwähnen Dosierungen von 10-20 g um starke Effekte zu erzielen. Im Test haben wir mit 10 g die besten Erfahrungen gemacht.
Das zerkleinerte Material wird in einen Kochtopf mit 250 ml warmen Wasser gegeben und dann kurz bis zum Kochen gebracht. Anschließend reduziert man die Hitze auf ca. 90 °C und lässt den Ansatz für 20 min bei geschlossenem Deckel köcheln. Es ist wichtig, diese Zeit unbedingt einzuhalten, da sich die Wirkstoffe sonst nicht aus der holzigen Rinde lösen können. Mit einem Sieb oder Filter werden die festen Bestandteile abgetrennt. Man erhält so eine Tasse des Dekokts, die mit etwas Zucker versetzt geschmacklich an Tee erinnert und einfach getrunken wird.
Eine schnellere Methode ist es, 2 Teelöffel des pulverisierten Materials direkt oder in Gelatinekapseln gefüllt mit etwas Wasser zu schlucken.
Die Herstellung einer Tinktur durch Mazeration des Pflanzenmaterials ist ebenfalls möglich. Man benötigt dazu trockenes, fein zerkleinertes oder pulverisiertes Pflanzenmaterial. In eine dunkle Glasflasche gibt man 0,5 l Rum (54 %) und fügt 200 g Mulungu hinzu. Die Flasche wird verschlossen an einem warmen und dunklen Ort für 4 Wochen aufbewahrt und täglich einmal aufgeschüttelt. Zuletzt wird abfiltriert und die gewonnene Tinktur lichtgeschützt aufbewahrt. Eine Dosis ist etwa 10 ml der Tinktur, es ist aber empfehlenswert mit einer kleineren Menge anzufangen um die Verträglichkeit zu testen.
Inhaltsstoffe von Erythrina mulungu
Die Gattung Erythrina wurde eingängig bezüglich ihrer Inhaltsstoffe untersucht. Dabei fand man zahlreiche nicht-alkaloidale Sekundärmetaboliten wie langkettige Carboxylsäuren und Alkohole, Terpene und insbesondere eine große Anzahl an Flavonoiden.
Die in Erythrina vorkommenden Alkaloide sind zahlreich und es werden immer wieder neue entdeckt. In Erythrina mulungu speziell sind bisher mehr als 20 verschiedene Alkaloide entdeckt worden. (Majinda et al., 2005 / Parsons und Palframan, 2010) Die Grundstruktur dieser Erythrinane bildet eine tetraheterozyklische Stickstoffverbindung, zwei der Ringe bilden eine Isochinolinstruktur. Die wichtigsten Alkaloide dieses Typs sind Erysotrin, 11-Hydroxy-Erysotrin, Erythravin, 11-Hydroxy-Erythravin, Erysodin und Erysopin. Bezüglich der pharmazeutisch interessanten Eigenschaften (anxiolytisch, krampflösend, antinozizeptiv, Antagonisten der nikotinischen Acetylcholinrezeptoren) wurden hauptsächlich Erythravin, 11-Hydroxy-Erythravin und 11-Hydroxy-Erysotrin untersucht.

Wirkung von Mulungu
Antinozizeptive, krampflösende und schlaffördernde Effekte
Die wässrigen und alkoholischen Extrakte von E. mulungu und E. velutina zeigen im Mausmodell signifikante antinozizeptive (schmerzstillende), krampflösende und beruhigende Eigenschaften.
Vasconcelos et al. (2003) untersuchten anhand verschiedener klassischer Experimente die Auswirkungen der beiden Extrakte auf das Schmerzempfinden. Als Vergleichssubstanz verwendeten sie Morphin (5 mg/kg, i.p.). Sie kamen zu dem Ergebnis, dass die hydroalkoholischen Erythrina Extrakte in Konzentrationen ab 200 mg/kg (i.p.), aber noch wesentlich effizienter bei 400 mg/kg (i.p.), die Schmerzreize im Versuchstier hemmten. Beim hot-plate Test, einem Test der zentralen Nozizeption, zeigten sich die hydroalkoholischen Pflanzenextrakte in der Konzentration von 400 mg/kg (i.p.) der Wirkung von Morphin ebenbürtig, sofern sie mindestens 60 min vor dem Experiment verabreicht wurden. Wenn das E. mulungu Extrakt 90 min vor dem hot-plate Test gegeben wurde, war es in der antinozizeptiven Wirkung sogar wirksamer als Morphin (5 mg/kg, i.p.).
Weiterhin wurde untersucht ob die antinozizeptive Wirkung der Erythrina Extrakte durch den Opioidantagonisten Naloxon aufgehoben werden konnte, was aber nicht der Fall war. Das bedeutet, dass die antinozizeptive Wirkung nicht über das Opioidsystem vermittelt wird, sondern unabhängig davon ist. Besonders effektiv zeigten sich die Eryhrina Extrakte in der zweiten Phase (inflammatory response) der Formalin-induzierten Nozizeption. In dieser Phase sind neben Opioiden auch NSAIDs wirksam, da die Nozizeption über Entzündungsmediatoren vermittelt wird. Aber auch in der ersten Phase (neurogenic response) zeigten die Eryhrina Extrakte signifikante antinozizeptive Eigenschaften. Es wird vermutet, dass die antinozizeptive Wirkung dabei auf modulierende Effekte im Rückenmark zurückzuführen sind.
In einer weiteren Studie der selben Gruppe wurde untersucht, ob das Extrakt von E. mulungu eine krampflösende und schlaffördernde Eigenschaft hat. Die krampflösende Eigenschaft wurde im Mausmodell mit den krampfauslösenden Stoffen Pentylentetrazol (75 mg/kg i.p.) und Strychnin (75 mg/kg, i.p.) untersucht. Die Wirksamkeit eines zuvor verabreichten E. mulungu Extrakts (200mg/kg oder 400 mg/kg, i.p.) gegen Strychnin beschränkte sich auf die Verzögerung des Einsetzens der Krämpfe bzw. des Todes nach der hohen Dosis von 400 mg/kg. Im Modell mit Pentylentetrazol zeigte sich das E. mulungu Extrakt als nicht wirksam.
Diese Beobachtungen sind damit zu erklären, dass die krampfauslösende Wirkung von Pentylentetrazol vermutlich auf einer Interaktion mit GABAA Rezeptoren beruht (Squires et al., 1984), während Strychnin das über Glycin gesteuerte hemmende System im Rückenmark inhibiert und so zu einer Übererregung führt. Aufgrund dieser Beobachtungen wird vermutet, dass E. mulungu seine krampflösende Wirkung durch Beeinflussung des Glycin abhängigen inhibitorischen Systems vermittelt (Vasconcelos et al., 2007).
In der selben Studie wurde die Wirkung eines E. mulungu Extrakts auf die Schlafdauer von Mäusen und die Zeit bis zum Einschlafen untersucht. Dazu wurde den Tieren in verschiedenen Gruppen zuerst entweder Diazepam (1 mg/kg), das E. mulungu Extrakt (200mg/kg oder 400 mg/kg, i.p.) oder ein Placebo verabreicht. Nach 30 Minuten wurde den Mäusen Natriumpentobarbital (40 mg/kg, i.p.) verabreicht und die Zeit bis zum Einschlafen sowie die Schlafdauer gemessen.
Diazepam als positive Kontrolle verringerte erwartungsgemäß die Dauer bis zum Einschlafen und verlängerte die Schlafdauer. Das E. mulungu Extrakt in beiden Konzentrationen konnte die Zeit bis zum Einschlafen zwar nicht signifikant verkürzen, führte aber dazu dass die Tiere deutlich länger schliefen. Es muss dabei allerdings noch geklärt werden, ob dieser Effekt nicht durch einen Wechselwirkung mit dem CYP450 Enzymsystem und folglich einer verzögerten Metabolisierung des Pentobarbitals hervorgerufen wird. Unsere eigene Erfahrungen ist jedenfalls, dass man nach einem am Abend getrunkenem Mulungu Tee deutlich tiefer und länger schläft und sehr schnell müde wird. Dies mag jedoch von Person zu Person verschieden sein und ist an dieser Stelle nur als Erfahrungsbericht, nicht als wissenschaftlich gesicherte Aussage zu sehen.
Faggion et al. (2011) untersuchten die krampflösenden Eigenschaften von isoliertem Erythravin und 11-Hydroxy-Erythravin, welches sie aus den Blüten von E. mulungu isolierten. Sie verabreichten Mäusen die isolierten Alkaloide intracerebroventrikulär und beobachteten dann nach anschließender Gabe unterschiedlicher krampfauslösender Stoffe, wie gut die Alkaloide die Versuchstiere schützen konnten. Als krampfauslösende Stoffe wurden die GABA-Antagonisten PTZ und Bicucullin sowie die Glutamatrezeptoragonisten NMDA und Kainsäure verwendet.
Erythravin zeigte sich dabei als effektiv gegen die krampfauslösende Wirkung von PTZ (Pentylentetrazol), Bicucullin und Kainsäure, jedoch weniger gegen NMDA. Das Alkaloid 11-Hydroxy-Erythravin in hoher Konzentration schützte die Tiere effektiv gegen die Wirkung von Bicucullin, NMDA und Kainsäure und mäßig gegen die Wirkung des PTZ.
Die Wirksamkeit der Alkaloide gegen beide Arten krampfauslösender Stoffe macht eine ausschließliche Wirkung als GABA Agonisten unwahrscheinlich und spricht für einen kombinierten Wirkmechanismus, welcher noch aufzuklären ist. Dies deckt sich auch mit den Ergebnissen von Vasconcelos et al. (2007) und lässt mindestens teilweise einen GABA unabhängigen krampflösenden Mechanismus vermuten.

Zusammengefasst zeigen aber sowohl die Studie von Vasconcelos et. al. (2007) als auch diese Studie die krampflösenden Eigenschaften der untersuchten Erythrina Alkaloide.
Anxiolytische Effekte
Die Wirkstoffe von E. mulungu wirken anxiolytisch. Im Abschnitt Ethnobotanik haben wir bereits erwähnt, dass die Indianer Südamerikas von dieser Eigenschaft der Pflanze wussten und sie therapeutisch einsetzten. Interessanterweise wird E. mulungu auch von der modernen Wissenschaft aufgrund der anxiolytischen Wirkung und der damit verbundenen möglichen Verwendung als Medikament untersucht.
Eine Studie von Flausino et al. (2007a) kommt zu dem Schluss, dass das wässrige ethanolische Extrakt von E. mulungu eine dem Diazepam ähnliche anxiolytische Wirkung hat. Die einzelnen isolierten Alkaloide zeigen dabei nicht die gleiche Effektivität, weshalb eine synergistische Wirkung aller Alkaloide des wässrigen Auszugs vermutet wird. Die Forscher untersuchten in einem Mausmodell für Angstzustände, dem Elevated T-Maze ETM, die folgenden isolierten Stoffe:
- (+)-11R-Hydroxy-Erythravin
- (+)-Erythravin
- (+)-R-Hydroxyerysotrin
Die Einzelsubstanzen 1, 2 und 3 wurden in Dosierungen von 3 mg/kg und 10 mg/kg p.o. verabreicht und mit der Wirkung von 2 mg/kg Diazepam verglichen. Die Injektion erfolgte jeweils 30 Minuten vor dem Versuchsbeginn. In der Dosierung von 10 mg/kg zeigten alle drei Einzelsubstanzen signifikante anxiolytische Effekte, die jedoch nicht so ausgeprägt wie beim Diazepam waren. Wurde den Mäusen allerdings das vollständige wässrige ethanolische Extrakt von E. mulungu in der Dosierung 200 mg/kg verabreicht waren die anxiolytischen Effekte ähnlich stark wie bei der Kontrollgruppe mit Diazepam. Diese Studie zeigt, dass das therapeutische Potenzial von Mulungu in einer größeren Untermenge, wenn nicht sogar Gesamtheit seiner Einzelalkaloide steckt.
In einer Folgestudie wurde das anxiolytische Potenzial der drei einzelnen Alkaloide sowie des wässrigen ethanolischen E. mulungu Extrakts in einem weiteren Tiermodell, dem light-dark transition model LDTM untersucht. Dabei fand man, dass das Extrakt sowie die Substanzen 1 und 2 anxiolytische Effekte zeigten. Im Gegensatz zur vorigen Studie konnte dies für (+)-R-Hydroxyerysotrin allerdings nicht nachgewiesen werden. (Flausino et al., 2007b)
Onusic et al. (2003) untersuchten in einer ähnlichen Studie das anxiolytische Potenzial von E. mulungu Extrakt bei einer chronischen Verabreichung. Der Versuchsaufbau war ein ETM und LDTM, die Versuchstiere waren jedoch Ratten. Das Extrakt wurde in Dosierungen von 50, 100 und 200 mg/kg p.o. täglich verabreicht und das Verhalten der Tiere wurde am Tag 9 im ETM sowie am Tag 14 im LDTM untersucht. Als Vergleichssubstanz wurde 4 mg/kg Diazepam p.o. verwendet.
Die Ergebnisse dieser Studie zeigen ebenfalls einen ausgeprägten anxiolytischen Effekt des Extrakts, wobei die Dosierung von 50 mg/kg die maximale Wirkung erbrachte. Die anxiolytische Wirkung scheint demnach mit einer umgedreht U-förmigen Dosis-Wirkungs-Kurve zu korrelieren. Das heisst, es gibt einen maximalen Punkt des anxiolytischen Effekts, nach dessen Überschreitung keine weitere Steigerung der Wirkung erreicht wird. Eine ähnliche Dosis-Wirkungs-Kurve findet man z.B. auch bei dem anxiolytischen Medikament Buspiron.
Onusic et al. (2002) fanden diese umgedreht U-förmige Dosis-Wirkungs-Kurve ebenfalls bei der einmaligen Administration des wässrigen ethanolischen E. mulungu Extrakts.

Insgesamt zeigen die Ergebnisse, dass die Alkaloide von E. mulungu im Mausmodell zur Untersuchung von Angst einen dem Diazepam ähnlichen anxiolytischen Effekt haben, wobei synergistische Effekte zwischen den einzelnen Alkaloiden genauer untersucht werden müssen.
Weiterhin müsste untersucht werden ob anxiolytische und antidepressive Effekte der E. mulungu Alkaloide zumindest teilweise über nikotinische Acetylcholin Rezeptoren vermittelt werden, da Studien an knock-out Mäusen auf eine Beteiligung dieser Rezeptoren an solchen psychischen Prozessen hindeuten. (Booker et al., 2007 / Salas et al., 2003) Zieht man die historischen Berichte der südamerikanischen Ureinwohner und aktuelle Berichte von Nutzern mit in das Gesamtbild mit ein, erscheint eine angstlösende Wirksamkeit beim Menschen als äußerst wahrscheinlich. Eine US Patentanmeldung zu therapeutisch anwendbaren Extrakten von E. mulungu Alkaloiden mit anxiolytischer Wirkung untermauert diese Vermutung. (US20080255174 A1)
Als Mittel gegen Nikotinabhängigeit
Eine Forschergruppe um Pedro Setti-Perdigão (2013) interessante Untersuchungen zur Interaktion der Erythrina mulungu Alkaloide mit neuronalen nikotinischen Acetylcholinrezeptoren durchgeführt. Die Forscher kamen zu dem Ergebnis, dass die Alkaloide
- (+)-11R-Hydroxy-Erythravin
- (+)-Erythravin
- (+)-R-Hydroxyerysotrin
eine antagonistische Wirkung auf verschiedene Subtypen der nikotinischen ACh Rezeptoren haben. Diesen Effekt hat man auch bereits für das Alkaloid Dihydro-β-erythroidin aus Erythrina americana nachgewiesen. (Cheeta et al., 2001 / Tucci et al., 2003)
Setti-Perdigão et al. fanden heraus, dass die antagonistische Wirkung für die Alkaloide 1 und 2 besonders stark ausgeprägt ist. Für diese Alkaloide fanden sie eine signifikante antagonistische Wirkung an α7*, α4β2 und α3* nikotinischen ACh Rezeptoren. Die Studie wurde in vitro durch Patch-Clamp-Messungen an Hippocampus Neuronen und PC12 Zellen von Ratten sowie der HEK293 Zelllinie durchgeführt. Dabei wurde der Stromfluss durch Erregung mit Acetylcholin in Abwesenheit und bei Zugabe der Alkaloide 1-3 gemessen.

Wie bereits in anderen Studien nachgewiesen, haben Antagonisten der nikotinischen ACh Rezeptoren einen negativen Einfluss auf die freiwillige Aufnahme von Nikotin durch Ratten. (Liu et al., 2007 / Watkins et al., 1999). Es ist daher naheliegend, dass auch die Alkaloide von E. mulungu diese Effekte verursachen könnten. Somit ist denkbar, dass Mulungu auch im Menschen einen Einfluss auf die Nikotinwirkung im Gehirn haben könnte und vielleicht bei der Therapie der Nikotinabhängigkeit hilfreich ist. Wissenschaftliche Studien mit Menschen sind nicht durchgeführt worden, deswegen lässt sich dies nicht mit Sicherheit sagen. Einige Erfahrungsberichte von Konsumenten deuten aber auf eine dämpfende Wirkung bezüglich des Nikotinverlangens hin.
Zusammenfassung
Erythina mulungu ist tatsächlich eine pharmakologisch wirksame Pflanze. Zunächst ist Mulungu damals und heute Bestandteil der traditionellen südamerikanischen Kräutermedizin und wurde dort nach den bekannten Berichten erfolgreich als Beruhigungsmittel eingesetzt. Außerdem konnte eine Vielzahl an verfügbaren wissenschaftlichen Studien die angstlösenden, schmerzstillenden und schlaffördernden Effekte zumindest im Tiermodell zeigen. Es gibt darüber hinaus Interesse an Schutzrechten zur Anwendung von Mulungu am Menschen durch pharmazeutische Unternehmen.
Betrachtet man die Nebenwirkungen vieler auf dem Markt verfügbarer Antidepressiva, Schmerzmittel und Schlafmittel, so könnte Mulungu in einigen Fällen eine verträgliche und natürliche Alternative sein. In diesem Kontext könnte Mulungu auch bei der Entwöhnung von Benzodiazepinen oder Schmerzmitteln hilfreich sein.
Ob Mulungu wirklich das Verlangen nach Nikotin unterbindet, bleibt noch zu klären. Es scheint aber aufgrund erster Rezeptorinteraktionsstudien und mehrfacher Erfahrungsberichte wahrscheinlich.
Wir möchten diese interessante Heilpflanze auf jeden Fall weiter untersuchen und werden über unsere Erfahrungen berichten. Wir würden uns auch über Kommentare von euch freuen, insbesondere zu euren Erfahrungen mit Mulungu als Hilfsmittel zur Rauchentwöhnung.
WARNHINWEIS
Menschen mit niedrigem Blutdruck, schwachem Herz-Kreislauf System, Kinder und Schwangere sollten in jedem Fall auf den Konsum von Mulungu verzichten.
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Quellenangaben
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